„Züge in den Tod“: Ausstellung an der Hochschule Coburg

Donnerstag. 28. März 2024 (Pressestelle)
Schwarz-weiß-Fotografie der Deportationszüge
Fotos als Zeitdokumente der „Züge in den Tod“ bewahrt das Staatsarchiv Würzburg im Bestand „Gestapostelle Würzburg“ auf. Quelle: StAWü, Gestapostelle Würzburg 18880 a, Nr. 55
Schwarz-weiß-Fotografie der Deportationszüge
Fotos als Zeitdokumente der „Züge in den Tod“ bewahrt das Staatsarchiv Würzburg im Bestand „Gestapostelle Würzburg“ auf. Quelle: StAWü, Gestapostelle Würzburg 18880 a, Nr. 80
Schwarz-weiß-Fotografie der Deportationszüge
Fotos als Zeitdokumente der „Züge in den Tod“ bewahrt das Staatsarchiv Würzburg im Bestand „Gestapostelle Würzburg“ auf. Quelle: StAWü, Gestapostelle Würzburg 18880 a, Nr 90

Eine Zahl, unvorstellbar und monströs: Sechs Millionen Menschen wurden von den Nazis ermordet. Jeder von ihnen hat eine ganz eigene Lebensgeschichte. Die Schicksale von elf jüdischen Coburgerinnen und Coburgern zeigt die Ausstellung „Da49, Da512 – Züge in den Tod“. Im April ist sie an der Hochschule Coburg zu sehen.

Seit 1933, dem Beginn ihrer radikal nationalistischen und vom gewalttätigen Rassenwahn geprägten Diktatur, hatten die Nazis den Juden in Deutschland die wirtschaftliche, berufliche und die bürgerliche Existenz geraubt. Mit der Verschleppung in die todbringenden Konzentrationslager raubten sie ihren Opfern zuletzt auch Individualität und Namen: KZ-Häftlinge waren nur noch Nummern. Um an elf Coburger Opfer der Deportationen des Jahres 1942 zu erinnern, haben Gaby Schuller und Dr. Hubertus Habel aus dem Arbeitskreis „Lebendige Erinnerungskultur Coburg“ in Kooperation mit fachkundigen Kolleginnen und Kollegen aus Lichtenfels und Kulmbach eine Ausstellung erarbeitet, deren coburgspezifische Fassung im April an der Hochschule gezeigt wird. Die offizielle Eröffnung mit Rahmenprogramm findet am Mittwoch, 10. April, statt. Die Ausstellung ist eingebettet in einen Kurs der Hochschule Coburg zur Geschichte des Holocaust und der langen Tradition jüdischen Lebens in Deutschland.

Insgesamt 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen fielen dem Holocaust zum Opfer. Die Ausstellung an der Hochschule Coburg verdeutlicht den Völkermord und die Schicksale von elf jüdischen Coburgerinnen und Coburgern. Nachdem im Herbst 1941 eine erste Deportationsserie stattgefunden hatte, unter anderem mit dem „Frankentransport“ nach Riga-Jungfernhof, wurden in den Jahren 1942/43 die noch verbliebenen Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager im östlichen Mitteleuropa verschleppt. Die meisten wurden dort ermordet.

60 Reichsmark zahlten die Opfer für die Fahrt im Todeszug

Dem Sonderzug „Da49“ wurden in Bamberg am 25. April 1942 die Opfer aus Unter-, Ober- und Mittelfranken „zugeladen“; 52 aus dem westlichen Oberfranken, darunter fünf aus Coburg. Am Bamberger Bahnhof wurde der Zug zum rollenden KZ. Mit etwa 1.000 Gefangenen war er zu 140 Prozent überbelegt. Das Kürzel „Da“ war die Bahnkennung für „Deutsche Aussiedler“. Die Bahn berechnete den normalen Fahrpreis von 4 Pfennig pro Person und Kilometer, gewährte aber bei mehr als 400 Personen 50 Prozent „Mengenrabatt“. Die Gestapo hatte sich das Geld von den Deportierten geholt, die für die Fahrt in ihren Tod 60 Reichsmark zahlen mussten. Knapp vier Tage später erreichte der Zug Krasnystaw bei Lublin, von wo aus der Fußweg 17 Kilometer ins Transit-Ghetto Kràsniczyn führte. Vermutlich Anfang Juni 1942 ermordete die SS sie in den Gaskammern des Vernichtungslagers Sobibor. Dahinter steckte ein komplexes von SS und Gestapo gesteuertes Täter-Netzwerk, das in den wesentlichen Grundzügen während der sogenannten „Wannsee-Konferenz“ im Januar 1942 organisiert worden war.

Am 9. Und 10. September 1942 wurden die letzten zwölf Juden aus Oberfranken verschleppt, darunter sechs Coburgerinnen und Coburger: Die bisher verbliebenen Älteren und während des ersten Weltkrieges Ausgezeichneten aus ganz Franken sammelte die Gestapo an der „Fäkalienverladestation“ der Stadt Nürnberg und schickte die 1.000 Opfer mit dem Sonderzug „Da 512“ in das vorgebliche „Altersghetto“ Theresienstadt nördlich von Prag – in den „Stall vor dem Schlachthaus“, wie es eine Überlebende treffend bezeichnet hat: Wer von den 140.000 hierher Deportierten nicht verhungerte, wie Frieda Reuter aus Hochstadt, wurde später in die Vernichtungslager im heutigen Polen in den Tod geschickt. Nur 51 der Deportierten von „Da 512“ überlebten, darunter Sali Altmann aus Coburg.

Die Ausstellung thematisiert unter anderem Antisemitismus, die Ghettos, die Planung, die Transporte und die persönlichen Biografien der Coburger Opfer über 80 Jahre nach ihrer Deportation. Elf Schicksale. Aus sechs Millionen.

Zur Ausstellung:

  • Zeit: Die Ausstellung ist von Montag, 8. April, bis Freitag, 19. April, zu sehen. Kein Eintritt, keine Anmeldung, frei zugänglich während der Öffnungszeiten der Hochschule Coburg: Mo - Fr: 6.30 bis 18 Uhr, Sa 7 bis 13 Uhr, So geschlossen.
  • Ort: Säulenhalle am Campus Friedrich Streib der Hochschule Coburg, Friedrich-Streib-Str. 2, 96450 Coburg
  • Offizielle Eröffnung mit Rahmenprogramm: Mittwoch, 10. April, 17 Uhr
  • Schulklassenführungen: Buchbar bei Dr. Hubertus Habel: Mobil: 0151-10066552; E-Mail: buero[at]dr-habel.de - Kosten: 50 Euro Aufwandsentschädigung, förderfähig durch den Kultur- und Schulservice ks-cob.